Verfassung der Islamischen Republik Iran
Kapitel 4
Wirtschaft und Finanzen
(In Klammern gesetzte Teile sind Erläuterungen von eslam.de)
Artikel 43
Um die ökonomische Unabhängigkeit der Gesellschaft zu sichern, die Armut und die Entbehrung zu beseitigen und die menschlichen Bedürfnisse im Entwicklungsprozess unter Aufrechterhaltung der menschlichen Freiheit zu befriedigen, wird die Wirtschaft der Islamischen Republik Iran auf der Grundlage folgender Regeln aufgebaut:
- Befriedigung der grundlegenden Bedürfnisse aller nach Wohnung, Nahrung, Kleidung, Hygiene, medizinischer Versorgung, Bildung und Erziehung, Schaffung notwendiger Bedingungen zur Gründung einer Familie;
- Sicherung der Arbeitsvoraussetzungen und Arbeitsmöglichkeiten für alle mit dem Ziel der Vollbeschäftigung sowie Bereitstellung von Arbeitsmitteln für alle Arbeitsfähigen, die keine Arbeitsmittel haben, in Form von Genossenschaften durch zinslose Darlehen bzw. durch sonstige zulässige Mittel, damit es weder zu einer Konzentration und Zirkulation des Kapitals in den Händen bestimmter Personen oder Gruppen kommt, noch der Staat zu einem großen übermächtigen Arbeitgeber gemacht wird. Die Durchführung dieser Aufgaben muss die Notwendigkeit der allgemeinen Wirtschaftsplanung des Landes in jeder Entwicklungsphase berücksichtigen.
- Die Wirtschaftsplanung des Landes hat Form, Innalt und Dauer der Arbeit so zu gestalten, dass jeder Staatsbürger über seine Berufstätigkeit hinaus noch genügend Zeit und Kraft findet, sich geistig, politisch und sozial zu bilden, an der Führung des Landes aktiv teilnehmen und seine Fähigkeiten und seine Eigeninitiative steigern kann.
- Beachtung der freien Berufswahl, kein Zwang gegenüber dem einzelnen zur Aufnahme bestimmter Arbeiten und Verhinderung der Ausbeutung der Arbeit anderer;
- Verbot der Schädigung Anderer; Verbot der Monopolbildung, des Hortens, des Wuchers und anderer ungültiger, von der Religion untersagter Geschäfte;
- Verbot der Verschwendung und Missbrauch von Mitteln in allen Bereichen der Wirtschaft, sowohl beim Verbrauch, bei der Investition, bei der Produktion, beim Vertrieb als auch bei Dienstleistungen;
- Anwendung von Wissenschaft und Technologie sowie Ausbildung von Fachkräften entsprechend dem Bedarf für Entwicklung und Fortschritt des Landes;
- Verhinderung der Fremdherrschaft über die Wirtschaft des Landes;
- Vorrang für die Steigerung der landwirtschaftlichen und technischen Produktion und die Förderung der Viehzucht, um den allgemeinen Bedarf zu decken, die Selbstversorgungsphase zu erreichen und das Land von Abhängigkeit zu befreien.
Artikel 44
(1) Das wirtschaftliche System der islamischen Republik Iran gründet sich auf den öffentlichen, den genossenschaftlichen und den privaten Sektor, verbunden mit einer ordentlichen und gesunden Planung.
(2) Der öffentliche Sektor besteht aus allen Großindustrien, dem Außenhandel, großen Bergbauunternehmen, dem Bank- und Versicherungswesen, der Energieerzeugung, den Stauwerken und groben Wasserversorgungsnetzen, Radio und Fernsehen, Post, Telegraf, Telefon, Luftfahrt, Schifffahrt, Straßen, Eisenbahn und ähnlichen Bereichen, die öffentliches Eigentum sind und in der Verfügungsgewalt des Staates stehen.
(3) Der genossenschaftliche Sektor besteht aus genossenschaftlichen Gesellschaften und Produktions- und Vertriebseinrichtungen, die nach islamischen Prinzipien in Stadt und Land gebildet werden.
(4) Der private Sektor besteht aus jenen Teilen der Landwirtschaft, der Viehzucht, der Industrie, des Handels und der Dienstleistungen, die die staatlichen und genossenschaftlichen Aktivitäten wirtschaftlich ergänzen.
(5) Die Eigentumsrechte in allen drei Sektoren werden vom Gesetz der Islamischen Republik geschützt, soweit sie mit anderen Grundsätzen dieses Abschnittes übereinstimmen, den Rahmen der islamischen Gesetze nicht überschreiten, zum wirtschaftlichen Wachstum und zur Entwicklung des Landes beitragen und der Gesellschaft keinen Schaden zufügen.
(6) Die einzelnen Merkmale, den Wirkungsbereich und die Tätigkeitsbedingungen dieser drei Sektoren bestimmen das Gesetz.
Artikel 45
Öffentliche Güter wie brachliegende und aufgegebene Ländereien, Bodenschätze, Meere und Seen, Flüsse und andere öffentliche Gewässer, Berge, Täler, Wälder, Schilfdickichte, Buschland, offene Weiden, Erbhinterlassenschaften ohne Erben, Besitz unbekannter Eigentümer sowie öffentliches Eigentum, das den unrechtmäßigen Besitzern entzogen wird, stehen dem islamischen Staat zur Verfügung, damit er sie gemäß den allgemeinen Interessen verwendet. Die einzelnen Merkmale und die Verwendungsweise solcher öffentlicher Güter regelt das Gesetz.
Artikel 46
Jeder ist Eigentümer des Ertrages seiner erlaubten Erwerbstätigkeit. Niemand darf unter Berufung auf das Recht auf Eigentum aus seiner Erwerbstätigkeit einem Anderen die Möglichkeit der Erwerbstätigkeit entziehen.
Artikel 47
Das Privateigentum, das auf legitimem Weg erworben wurde, wird gschützt. Die Vorschrift hierfür bestimmt das Gesetz.
Artikel 48
Bei der Nutzung der natürlichen Ressourcen und des Volkseinkommens im Bereich der Provinzen sowie bei der Verteilung der wirtschaftlichen Aktivitäten auf die verschiedenen Provinzen und Regionen des Landes ist so vorzugehen, dass jeder Region gemäß ihren jeweiligen Bedürfnissen und Entwicklungsfähigkeiten das notwendige Kapital und Mittel ohne Benachteiligung zur Verfügung steht.
Artikel 49
Der Staat ist verpflichtet, das Vermögen, das aus Wucher, unrechtmäßiger Aneignung, Bestechung, Unterschlagung, Diebstahl, Glücksspiel, Missbrauch von Stiftungen, staatlichen Aufträgen und Geschäften, Verkauf von brachliegenden Ländereien und Dingen im Gemeingebrauch, aus dem Betrieb von sittenwidrigen Anstalten und anderen, von der Religion untersagten Handlungen stammt, an den rechtmäßigen Eigentümer zurückzugeben, oder, falls dieser nicht bekannt ist, der Staatskasse zuzuleiten. Der Staat führt dieses Verfassungsgebot aufgrund einer Ermittlung, Prüfung und Beweisführung nach den Vorschriften des islamischen Rechts [scharia] durch.
Artikel 50
In der Islamischen Republik ist der Schutz der Umwelt, in der die gegenwärtigen Generationen und die nachfolgenden Generationen ein entwicklungsfähiges und soziales Leben führen können, eine Aufgabe aller Bürger. Wirtschaftliche und sonstige Aktivitäten, die die Umwelt verschmutzen oder nicht wieder gut zu machende Zerstörung der Umwelt nach sich ziehen, sind daher verboten.
Artikel 51
Steuern jeglicher Art können nicht erhoben werden, es sei denn in Übereinstimmung mit dem Gesetz. Die Bedingungen für Steuerbefreiung und Steuernachlässe regelt das Gesetz.
Artikel 52
Der jährliche Gesamthaushalt des Staates wird nach der gesetzlichen Vorschrift von der Regierung vorbereitet und der Islamischen Beratungsversammlung (vgl. Struktur der Verfassung) zur Prüfung und Ratifizierung vorgelegt. Jede Veränderung des Budgetvolumens bedarf ebenfalls der Gesetzesgrundlage.
Artikel 53
Alle Staatseinnahmen werden auf Konten des Hauptschatzamtes eingezahlt; alle Ausgaben müssen im Rahmen der vom Gesetz festgelegten Ansätze bleiben.
Artikel 54
Der Rechnungshof des Landes untersteht direkt der Aufsicht der Islamischen Beratungsversammlung; seine Verwaltungsaufgaben in Teheran und in den Provinzzentren werden durch das Gesetz bestimmt.
Artikel 55
Um sicherzustellen, dass die Ausgaben die genehmigten Haushaltsmittel nicht überschreiten und dass jeder Betrag entsprechend seiner Bestimmung verwendet wird, prüft der Rechnungshof nach gesetzlicher Vorschrift alle Rechnungen der Ministerien, staatlichen Institutionen und Gesellschaften sowie anderer Organisationen, die den Staatshaushalt in irgendeiner Weise belasten. Der Rechnungshof stellt die jeweiligen Rechnungen, Belege und Unterlagen gemäß Gesetz zusammen und legt den Abschlussbericht des Jahreshaushaltes mit seinen Anmerkungen der Islamischen Beratungsversammlung vor. Dieser Jahresbericht muss öffentlich bekannt gegeben werden.